Schwarze Sonne 

Sebastian Voltmer
 

Wenn nach dem Glauben alter Völker der Drache die Sonne verschlingt, dann muss das Licht den Kampf mit der Finsternis aufnehmen. Hierzulande ist bei einem solchen Vorgang nur ganz nüchtern von einer totalen Sonnenfinsternis die Rede. In einigen Ländern verschanzen sich jedoch auch heute noch die Menschen aus Furcht vor dem Drachen, der alles verdunkelt. Drachenkopf und Drachenschwanz werden die sog. Mondknoten genannt; es handelt sich dabei um die Schnittpunkte der Mondbahn mit der Ekliptik, der Erdbahn um die Sonne. Nur dann, wenn der Mond die Ekliptik kreuzt und sich an dieser Stelle die Sonne - von der Erde aus gesehen - befindet, kann der Mond die Sonne verdunkeln - es ereignet sich eine Sonnenfinsternis. Der Neumond ist es, der sich bei einer Sonnenfinsternis vor die Sonne schiebt und so seinen Schatten auf die Erde wirft. Meistens verfehlt der Neumond jedoch die Sonne und so scheint sie an ihm vorbei. Bei einer totalen Sonnenfinsternis ereignen sich sog. vier Kontakte, wie man in der astronomischen Fachwelt sagt. Langsam berührt der Neumond scheinbar den Sonnenrand, dies ist der erste Kontakt; dann schiebt sich der Mond mehr und mehr vor die Sonne. Bevor sie vollständig bedeckt wird, sind noch einige Geschehnisse zu entdecken: Über den Boden ziehen beängstigende Schatten. Sie entstehen durch Luftschlieren, die durch das Licht der feinen Sonnensichel Schatten werfen können -fliegende Schatten werden sie genannt. Der Diamantring-Effekt erscheint, indem die letzten Sonnenstrahlen durch einige Mondtäler fallen - Dämmerungsstimmung setzt ein, während sich der Himmel dunkler färbt, so dass die hellsten Sterne und Planeten sichtbar werden. In Bruchteilen einer Sekunde wird es unheimlich dunkel; der Mond deckt die Sonne nun völlig ab - dies wird als zweite Kontakt bezeichnet - so dass die Korona und die Sonnen-Protuberanzen sichtbar werden. Die Sonnen-Eruptionen stechen wie rote Flammen von der verfinsterten Sonne empor. Während dieser Zeit beginnen zuweilen die Fledermäuse zu fliegen und die Vögel stimmen ihre Abendlieder an. Nur wenige Minuten ist dieses sensationelle Himmelsgeschehen zu beobachten. Dann erscheint zum zweiten Mal der Diamantring-Effekt, während  die ersten Sonnenstrahlen durch die Mondtäler fallen, dies wird als dritter Kontakt bezeichnet und die Sonnenkorona geht im heller werdenden Himmelsblau unter. Der Mond zieht weiter über die Sonne, bis er sie wieder ganz frei gibt. Diese letzte Phase stellt der vierte Kontakt dar, der Abschiedskontakt.